Minister Rauch wünscht sich gesamthafte Betrachtung und mehr Verbindlichkeit beim Finanzausgleich
Breite Debatte im Ausschuss über die aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen von der Ärzt:innenausbildung bis zum PersonalmangelWien (PK) – Bereits 2013 haben sich Bund, Länder und Sozialversicherung erstmals auf eine vertraglich festgelegte Organisation der Gesundheitsversorgung in Österreich und vor allem auf einen Kostendämpfungspfad geeinigt. Der diesbezügliche aktuelle Monitoring-Bericht, der auf teils starke Überschreitungen der Ausgabenobergrenzen hinweist, stand heute als ein Punkt von vielen auf der Tagesordnung des Gesundheitsausschusses. Ebenso wie die anderen Vorlagen bildete er den Ausgangspunkt für eine breite Debatte über die drängendsten Probleme im heimischen Gesundheitswesen mit dem zuständigen Ressortchef.Vor dem Hintergrund der laufenden Verhandlungen über den Finanzausgleich hielt es Bundesminister Johannes Rauch für zentral, dass Sozialversicherung und Länder zu einer Gesamtbetrachtung des Systems kommen. Es reiche nicht aus, nur „mehr Geld hineinzupumpen“, es brauche vor allem mehr Verbindlichkeit. Außerdem wiederholte Rauch die schon mehrfach geäußerte Aussage, wonach in Hinkunft das Prinzip „digital vor ambulant vor stationär“ gelten müsse.Weitere Berichte befassten sich mit Evaluierung der 2015 im Rahmen der Ausbildung zum/zur Allgemeinmediziner:in verpflichtend eingeführten Absolvierung einer sechsmonatigen Lehrpraxis, der Umsetzung von Präventionsmaßnahmen im Bereich der Sozialversicherung sowie den Corona-Ausgaben des Ressorts per Stand Juni. Alle Berichte wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen und gelten somit als enderledigt.
Eine thematisch mit dem Monitoring-Bericht zusammenhängende Novelle des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes, bei der eine verfassungskonforme Reparatur der Materie Mittelpunkt stand, wurde von einer breiten Mehrheit – mit Ausnahme der FPÖ – angenommen. Auf Grundlage von zahlreichen – mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagten – Oppositionsanträgen wurden die schon in den Berichten angesprochenen Herausforderungen, mit denen sich das Gesundheitswesen in Österreich derzeit konfrontiert sieht, aufgegriffen und teils kontrovers diskutiert. Die Themen reichten dabei von den Finanzierungsmodalitäten, Lösungen für den Personalmangel, der Stärkung des ambulanten Sektors bis hin zu Maßnahmen zur Erhöhung der Durchimpfungsrate.
Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz wird verfassungskonform gestaltet
Der verfassungskonformen Reparatur des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes dient eine Regierungsvorlage, die mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS heute im Ausschuss beschlossen wurde. Im Konkreten ist davon Paragraph 23 betroffen, in dem es um die Verbindlichkeitserklärung von Inhalten des Österreichischen Strukturplans Gesundheit und der Regionalen Strukturpläne geht. Durch den Wegfall von zwei Grundsatzbestimmungen ändere sich inhaltlich aber nichts, heißt es in den Erläuterungen ( 2207 d.B.). Seine Partei werde solchen „kleinen Reparaturen“ nicht mehr zustimmen, da vielmehr eine Gesamtreform dringend notwendig sei, argumentierte Gerhard Kaniak (FPÖ) die freiheitliche Ablehnung.
Monitoring-Bericht 2022: Ausgabenobergrenzen werden noch deutlicher überschritten als im Vorjahr
Wesentlicher Bestandteil der 15a-Vereinbarung Zielsteuerung Gesundheit ist ein Kostendämpfungspfad, der eine Reduktion des jährlichen Ausgabenwachstums von 3,6 % (2017) auf jeweils 3,2 % in den Jahren 2021 bis 2023 vorsieht, heißt es im mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommenen Monitoring-Bericht (III-1002 d.B. ). Außerdem wurden strategische Ziele in den Bereichen „bessere Versorgung, bessere Qualität und gesündere Bevölkerung“ definiert, deren Erreichung anhand von 22 Indikatoren gemessen wird. Der sechste umfassende Monitoringbericht Zielsteuerung Gesundheit zeigt grundsätzlich gemischte Ergebnisse und Trends auf, lautet die Einschätzung der Autor:innen. In den Berichtsjahren 2021 bis 2023 komme es gemäß den vorläufigen Ergebnissen bei den Ländern gesamthaft zu Überschreitungen der Ausgabenobergrenzen. Bei der gesetzlichen Krankenversicherung (KV) zeichnet sich dieser Trend ab 2022 bei allen Trägern ab. Länder und gesetzliche Krankenversicherung gemeinsam erzielten 2021 eine Überschreitung in der Höhe von 206,55 Mio. € (0,80 %), welche sich bis 2022 auf 1.027,82 Mio. € (3,85 %) stark erhöhte und beim Voranschlagsmonitoring 2023 in einer Überschreitung um 2.143,44 Mio. € (7,77 %) resultiert. Die Autor:innen geben zu bedenken, dass die Zielerreichung sowohl in Bezug auf die Finanzziele als auch auf die Steuerungsbereiche heterogener zu beurteilen sei als in den Jahren davor. Generell seien alle Ergebnisse ab 2020 im Lichte der COVID‐19‐Pandemie zu interpretieren, wobei grundsätzliche Herausforderungen und Handlungserfordernisse weiterhin bestehen bleiben würden.
Es sei schon lange klar gewesen, dass der Kostendämpfungspfad nicht eingehalten werden könne, urteilte Abgeordnete Rosa Ecker (FPÖ), man hätte daher schon längst reagieren müssen. Durch die Unterfinanzierung des niedergelassenen Bereichs würden zudem die Spitalambulanzen massiv überlastet.
Rudolf Silvan (SPÖ) gab zu bedenken, dass die Anzahl der „gesunden Lebensjahre“ in Österreich gesunken sei, währenddessen in den skandinavischen Ländern eine konträre Entwicklung zu beobachten sei. Dies weise seiner Meinung nach darauf hin, dass Österreich bei der Prävention „hinten nach hinke“.
Die Einhaltung der Ausgabenobergrenzen sei viele Jahre recht gut gelungen, entgegnete Laurenz Pöttinger (ÖVP) , die aktuellen Zahlen seien einfach der Corona-Pandemie geschuldet.
Der zweite Teil des Berichts informiere über die Erreichung der operativen Ziele in den einzelnen Steuerungsbereichen, wobei sich die 22 definierten Messgrößen mehrheitlich in die intendierte Richtung bewegen würden, konstatierte Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne). Als positiv werde etwa hervorgehoben, dass der Anteil der Bevölkerung, die in Primärversorgungseinheiten behandelt wurde, im Jahr 2022 weiter gestiegen sei. Kritisch werde hingegen die Durchimpfungsrate für Mumps/Masern/Röteln bei den unter zweijährigen Kindern gesehen sowie die fehlende gemeinsame sektoren‐ oder bundesländerübergreifende Medikamentenbeschaffung beurteilt. Es bestehe Hoffnung, dass einige Probleme im Rahmen des Finanzausgleichs gelöst werden können, da seiner Meinung nach Ernsthaftigkeit bei den Ländern eingekehrt sei.
Bundesminister Johannes Rauch sah in den aktuellen Finanzausgleichsverhandlungen eine große Chance, um wichtige Weichenstellungen im Gesundheitswesen vorzunehmen. Er appellierte an alle „Player“, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, zumal Pflege und Gesundheit „kommunizierende Gefäße“ seien. Den Ländern habe man vorgeschlagen, die Planungslogik zu verschränken, wenn schon keine Finanzierung aus einer Hand umsetzbar sei. Zudem seien die Sozialversicherungen angehalten, einen einheitlichen Leistungskatalog auszuarbeiten und einen Gesamtvertrag mit der Ärzteschaft abzuschließen. Weiters informierte der Minister darüber, dass es mittlerweile 50 Primärversorgungseinheiten in Österreich gebe; weitere 20 befinden sich in der Pipeline. Seit der Änderung der gesetzlichen Grundlage, die eine Entbürokratisierung gebracht habe, hätte ein richtiger Boom eingesetzt, zeigte sich der Minister erfreut.
Vorschläge von SPÖ und NEOS zur Finanzierung der Gesundheitsversorgung und zur Neugestaltung des Finanzausgleichs wurden vertagt
Im Hinblick auf die anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen drängte die SPÖ auf ein sogenanntes Gesundheitsversorgungspaket in der Höhe von mindestens einer halben Milliarde Euro zur Stärkung des ambulanten Sektors. Diese Mittel sollen vor allem in den Ausbau der Primärversorgungseinheiten, die Einrichtung von multidisziplinären und entwicklungsdiagnostischen Ambulanzen sowie in die deutliche Erhöhung der psychosozialen Behandlungsangebote fließen. Weiters wäre es aus Sicht der SPÖ notwendig, einen Risikostrukturausgleich zwischen den einzelnen Krankenkassen zu schaffen, wie dies mittlerweile in allen umliegenden Ländern der Fall sei, argumentierten die Antragsteller:innen.
Generell gab Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ) zu bedenken, dass durch das von der früheren türkis-blauen Regierung initiierte Sozialversicherungs-Organisationsgesetz eine unterfinanzierte ÖGK geschaffen worden sei und der Krankenversicherung bis 2024 rund 600 Mio. € entzogen würden. Zusätzlich werde die Beitragssatzsenkung der Unfallversicherung zu Lasten der Krankenversicherung finanziert, indem der Pauschbetrag von rund 500 Mio. € auf 140 Mio. € reduziert wurde. Neben einer Rückabwicklung dieser Maßnahmen fordert die SPÖ auch die Umsetzung der versprochenen Patientenmilliarde (je 200 Mio. € im Zeitraum von fünf Jahren), um die Leistungen endlich weiter ausbauen zu können ( 3315/A(E)).
Aufgefordert wird der Ressortchef von den NEOS zudem, für die nächste Finanzausgleichsperiode im Bereich Gesundheit und Pflege eine an Zielen orientierte Finanzausgleichslogik zu erarbeiten ( 1338/A(E)). Abgeordnete Fiona Fiedler (NEOS) schlägt statt eines politisch vereinbarten Verteilungsschlüssels vor, den Gesundheits- und Pflegebereich anhand dreier Hebel zu steuern: über Präventionsmaßnahmen, die Gesundheits- und Pflegeplanung sowie eine Verknüpfung der Finanzausgleichszahlungen mit dem Erreichen von Zielvorgaben. Mögliche Ziele dafür könnten dem Antragsteller zufolge etwa die Altersstruktur, Qualitätsziele oder der Verbreitungsgrad der strukturierten Versorgungsprogramme sein. Beide Anträge wurden mehrheitlich vertagt.
Lehrpraxen: Evaluierungsbericht zieht positive Bilanz und zeigt Verbesserungsbedarf in einigen Bereichen
Die erste Evaluierung der 2015 im Rahmen der Ausbildung zum/zur Allgemeinmediziner:in verpflichtend eingeführten Absolvierung einer sechsmonatigen Lehrpraxis fällt großteils positiv aus. In seinem Bericht ( III-952 d.B.) dazu führt das Gesundheitsministerium unter anderem den Praxisgewinn bei Turnusärzt:innen in niedergelassenen Ordinationen im Vergleich zum reinen Krankenhausturnus an, sowohl in medizinisch-fachlicher Hinsicht als auch beim Umgang mit Patient:innen. Verbesserungspotential gebe es allerdings bei der Wissensvermittlung über organisatorische und betriebswirtschaftliche Aspekte einer Hausarztpraxis.
Grundsätzlich wurde von den Befragten die derzeitige Dauer des Lehrpraxis-Abschnitts tendenziell als zu kurz eingestuft, um alle Ausbildungsinhalte unterzubringen. Für eine Verlängerung der Lehrpraxis-Zeit habe sich allerdings nur ein Teil der Befragten ausgesprochen, und auch nur dann, wenn dies mit der Möglichkeit eines Praxiswechsels verbunden wäre. Trotz der positiven Bewertungen einer Lehrpraxis durch Turnusärzt:innen zeigte sich bei den Erhebungen, dass nur vier von zehn Absolvent:innen eines Medizinstudiums eine berufliche Karriere in der Allgemeinmedizin anstreben wollen. Generell ziehe der Großteil an Jungärzt:innen eine Tätigkeit in Gruppenpraxen, Primärversorgungseinrichtungen oder Jobsharing-Modellen der Etablierung einer Einzelpraxis als Hausarzt oder Hausärztin vor.
Von den Turnusärzt:innen in einer Lehrpraxis hätten 87,2 % ihrer Ausbildung die Schulnote „Sehr gut“ oder „Gut“ gegeben, unterstrich Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP).
Man solle auch die im Bericht enthaltenen Verbesserungsvorschläge ernst nehmen, meinte Fiona Fiedler (NEOS), die u.a. auf die Einrichtung einer Vermittlungsplattform verwies. Eine Möglichkeit wäre es auch, Lehrpraxen in Mangelfächern einzurichten.
Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen.
Bericht über Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen der Sozialversicherungen
Vorsorge in Form von Gesundheitsförderung in der Bevölkerung sei den österreichischen Sozialversicherungsträgern ein großes Anliegen. Das betont Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch in einem vom Nationalrat per Entschließung eingeforderten Bericht ( III-980 d.B.) über die Umsetzung von „Präventionsmaßnahmen“, die im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz für Versicherungsanstalten wie die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), die Versicherungsanstalt Öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) oder die Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) vorgeschrieben sind. Neben den klassischen Präventionsmaßnahmen der öffentlichen Hand wie die Kostenunterstützung gesetzlich definierter Impfungen führt der Bericht Initiativen zur Stärkung der „Gesundheitskompetenz“ in der Bevölkerung an.
Exemplarisch für den zwischen Sozialversicherung und Österreichischer Ärztekammer abgeschlossenen Vorsorgeuntersuchungs-Gesamtvertrag beschreibt der Bericht neben der Darmkrebsvorsorge auch das Brustkrebsfrüherkennungsprogramm. Die Altersgrenze der Kernzielgruppe wurde im Juni 2023 angehoben; somit erhalten nunmehr Frauen zwischen 46 und 75 Jahren aktive Einladungen zur Untersuchung. Frauen ab Beginn des 41. Lebensjahres steht die Teilnahme am Früherkennungsprogramm weiterhin offen.
Es sei grundsätzlich gut, dass nun ein Bericht vorliege, räumte Fiona Fiedler (NEOS) ein. Sie hätte sich aber eine umfassendere Studie erwartet, die sich nicht nur auf beispielhafte Aufzählungen beschränke. Es seien zwar viele Menschen bereit, Vorsorgemaßnahmen in Anspruch zu nehmen, viele wüssten aber nicht, was es genau wo gebe. Was das Brustkrebs-Screening anbelangt, so würde sie sich wünschen, dass auch jene Männer dazu eingeladen werden, die einen speziellen Gendefekt aufweisen.
Ab Jänner nächsten Jahres soll ein Darmkrebs-Screening als Pilotprojekt in drei Bundesländern umgesetzt werden, informierte Bundesminister Johannes Rauch. Es sollen zudem zwei Untersuchungsmethoden (Blut im Stuhl, Koloskopie) zur Verfügung stehen.
Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen zur Kenntnis genommen.
Corona-Bericht: EU konnte Reduktion der Lieferverpflichtungen bei Corona-Impfstoff um 4,9 Millionen Dosen erreichen
Für das Jahr 2023 wurden im Bundesfinanzgesetz insgesamt 400 Mio. € an Kostenersatz für die Bundesländer und die AGES im Zusammenhang mit dem Epdemiegesetz veranschlagt, wobei bis Ende April 431,55 Mio. € (Jänner und Februar 171,45 Mio. €, März und April 260,1 Mio. €) angefallen sind. Die größten Posten darunter entfallen auf Screening-Programme, Vergütungen für Verdienstentgang, Gebühren für Epidemieärzt:innen oder Untersuchungen. Für bestimmte den Ländern aufgrund der COVID-19-Krise entstandene Aufwendungen leistet der Bund zudem Zweckzuschüsse, für die laut BFG heuer 200 Mio. € vorgesehen sind. Dies geht aus dem aktuellen Monatsbericht von Gesundheitsminister Johannes Rauch gemäß COVID-19-Transparenzgesetz hervor, der mit ÖVP-Grünen-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde (III-972 d.B.).
In Beantwortung der Fragen der Abgeordneten führte Minister Rauch aus, dass die EU Ende Mai 2023 in langwierigen Verhandlungen mit BioNTech-Pfizer erreicht habe, die Lieferverpflichtungen von 9,8 Millionen Dosen um 4,9 Millionen Dosen zu reduzieren. Die restlichen Mengen werden auf die Jahre 2023 (1,9 Millionen), 2024 (1,4 Millionen) und 2025 (1,6 Millionen) aufgeteilt. Sein Ressort gehe davon, dass damit das Auslangen gefunden werden kann, stellte er gegenüber Abgeordnetem Peter Wurm (FPÖ) fest. Aus Altbeständen wurden 9,5 Millionen Dosen weitergegeben, 10,3 Millionen Dosen mussten aufgrund des Überschreitens des Ablaufdatums entsorgt werden. Was die Abrechnungen der Verdienstentgänge betrifft, so seien derzeit noch 500.000 Anträge offen. Der Abgeordneten Fiona Fiedler (NEOS), die das Abwassermonitoring ansprach, teilte er mit, dass man damit einen sehr guten Überblick über Infektionen und zwar auch hinsichtlich der respiratorischen Erkrankungen habe.
Oppositionsanträge: Vom Personalmangel im Gesundheitssektor bis zur Verbesserung der unfallchirurgischen Versorgung
Einen weiteren dringenden Handlungsbedarf sieht die SPÖ beim Thema Ärzt:innenmangel. Obwohl die Bevölkerung wachse, sei die Zahl der Kassenpraxen in Österreich seit 2010 rückläufig und von 8.501 auf mittlerweile 8.132 gesunken. Parallel dazu habe es im selben Zeitraum ein Plus von 40 % bei den Wahlärzt:innen gegeben , zeigen die Sozialdemokrat:innen auf. Auch in den Spitälern sehe es nicht viel besser aus, zumal aufgrund der Pensionierungen bis 2030 rund 6.000 Ärzt:innen fehlen würden. Ansetzen will die SPÖ unter anderem bei den Aufnahmekriterien zum Medizinstudium sowie bei der Anzahl der Studienplätze, die ihrer Meinung nach verdoppelt werden müssten. Dabei sollten nach Vorschlag der SPÖ jene Bewerber:innen bevorzugt werden, die sich nach der Ausbildung verpflichten, einige Jahre im öffentlichen Gesundheitswesen, vorrangig als Hausärzt:innen in unterversorgten Regionen, tätig zu sein, betonte Verena Nussbaum (SPÖ). Dies würde dem deutschen Modell der Landarztquote entsprechen, das nach Auffassung der SPÖ in adaptierter Form auch Österreich eingeführt werden sollte (3316/A(E)). Es sei auch untragbar, dass sich der Anteil an privaten Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen mittlerweile auf über 20 % belaufe, erklärte Philip Kucher (SPÖ). ÖVP-Abgeordneter Josef Smolle machte darauf aufmerksam, dass dieser Anteil rückläufig sei und vor einigen Jahren noch 27 % betragen habe.
Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne) war der Überzeugung, dass die Ausbildung in den Spitälern deutlich attraktiver gestaltet werden müsse. Die von vielen Betroffenen geäußerte Unzufriedenheit mit dem aktuellen System, wie z.B. den Kettenverträgen in den Wiener Spitälern oder der schlechten Work-Life-Balance, müsste ernst genommen werden.
Nach Ansicht von Fiona Fiedler (NEOS) gebe es genug Ärzt:innen in Österreich. Das eigentliche Problem stellten die unattraktiven Kassenverträge dar, die dringend geändert werden müssen.
In eine ähnliche Richtung geht ein Antrag der Freiheitlichen. Seit der Einführung der EU-Arbeitszeitrichtlinie im Jahr 2012 hätten sich die Bedingungen für die Ärzt:innen und das Gesundheitspersonal zum Negativen gewandt, so Gerhard Kaniak (FPÖ). Die Coronakrise und der Umgang der Regierung mit den Spitalsmitarbeitern habe ihr Übriges beigetragen und dazu geführt, dass viele Beschäftigte gekündigt hätten, in andere Berufe abgewandert oder in die Pension gedrängt worden seien. Der von den Freiheitlichen entwickelte 6-Punkte-Plan zur Lösung des Personalmangels setzt sowohl auf organisatorischer, personeller als auch finanzieller Ebene an. Für besonders notwendig wird dabei die Umsetzung von folgenden Punkten erachtet: die Evaluierung des Personalbedarfs auf allen Ebenen des Gesundheitswesens, mehr finanzielle Fairness gegenüber allen Mitarbeitern im Gesundheitswesen , Entbürokratisierung und Kompetenzerweiterung in den Berufsfeldern des Gesundheitswesens, Weiterbeschäftigung älterer Kassenärzt:innen ab 70 Jahre und Erweiterung der Ausbildung, die Einführung eines bundesweit einheitlichen Stipendiensystem bei der beruflichen Ausbildung sowie die Einbindung der Wahlärzt:innen ins Kassensystem inklusive Aufhebung des Doppelbeschäftigungsverbots. Bezüglich der Arbeitszeiten im Gesundheitswesen brauche es vor allem mehr Planungssicherheit für die Beschäftigten mit verbesserter Vereinbarkeit von Beruf und Familie, betonte Kaniak. Vordringlich sei zudem die Lenkung der Patientenströme in die richtige Richtung, nämlich in die Gesundheitsversorgung vor Ort, um endlich die Spitäler zu entlasten ( 3342/A(E)).
Die Freiheitlichen üben zudem Kritik an den kürzlich beschlossenen Gesetzesänderungen im Bereich des Primärversorgungssystems, da sie ihrer Meinung nach die Probleme noch weiter verschärfen würden. Es sei nämlich zu befürchten, dass nach Umsetzung der Reform insgesamt weniger Vertragsärzt:innen dem Gesundheitswesen zur Verfügung stehen werden, warnt FPÖ-Abgeordneter Gerhard Kaniak. Die Versorgung der Bevölkerung könne nur dann garantiert werden, wenn zumindest der Abgang in Richtung Alterspension und der Wechsel zu den Primärversorgungseinheiten (PVE) durch die Besetzung freiwerdender Kassenvertragsstellen kompensiert und zusätzliche Vertragsärzt:innen für Einzelpraxen, Gruppenpraxen und PVEs gewonnen werden. Wichtig wäre etwa auch die Einbindung der Wahlärzt:innen in das kassenärztliche System mittels Vergabe von Halb- und Viertelverträgen, falls offene Stellen nicht anders besetzt werden können ( 3518/A(E)).
Gefahr in Verzug orten die Freiheitlichen auch bei der unfallchirurgischen Versorgung in Österreich ( 3337/A(E)). FPÖ-Abgeordneter Gerhard Kaniak verweist dabei auf einen offenen Brief der diesbezüglichen Fachgesellschaft, die davor warne, dass die Versorgung von Schwerverletzten vor dem Kollaps stehe. Die Probleme reichten von dramatischen Personalproblemen in den Spitälern, Ausbildungslücken im Sonderfach „Orthopädie und Traumatologie“ bis hin zur mangelnden Umsetzung von sogenannten Traumanetzwerken in zahlreichen Bundesländern. Es gelte daher, diese im Forderungskatalog der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie (ÖGU) enthaltenen Maßnahmen rasch umzusetzen, drängt der FPÖ-Gesundheitssprecher. Überdies brauche es dringend einen Ausbau der OP-Kapazitäten sowie eine Attraktivierung des Spitalsarztberufs.
Schließlich fordert Kaniak noch eine Novelle des Berufsrechts der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (MTD) ein ( 3380/A(E)). Diese sei „dringend“ notwendig, da das seit 30 Jahren geltende MTD-Gesetz nicht mehr aktuellen Anforderungen an die sieben MTD-Berufe (Biomedizinische Analytik, Diätologie, Ergotherapie, Logopädie, Orthoptik, Physiotherapie und Radiologietechnologie) entspreche.
Bei der Abstimmung wurden alle Anträge mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.
SPÖ für rasche Maßnahmen zur Erhöhung der Impfbereitschaft und NEOS-Vorschlag für Impfen in der Apotheke
Zum Thema Impfen lagen sowohl Anträge der SPÖ als auch der NEOS vor, die beide vertagt wurden. Der sozialdemokratische Gesundheitssprecher Philip Kucher wies darauf hin, dass Österreich bei den Impfquoten im OECD-Schnitt teilweise beträchtlich hinter vergleichbaren Ländern zurück liege ( 2705/A(E)). Massive Einbrüche habe es vor allem bei den Kinderimpfungen gegeben, wo von 2019 auf 2021 Rückgänge bis zu 68 % (Masern, Mumps, Röteln) zu verzeichnen waren. Internationale Beispiele würden zeigen, dass es vor allem einen niederschwelligen Zugang und flächendeckende kostenlose Impfprogramme brauche. Die SPÖ schlägt daher ein Maßnahmenpaket vor, das folgende Punkte umfasst: Übernahme des nationalen Impfplans als Pflichtleistung in das Leistungsportfolio der gesetzlichen Krankenversicherung, Aufnahme eines verpflichtenden Beratungsgesprächs über Kinderimpfungen in den Mutter-Kind-Pass, Durchführung einer breit angelegten Informationsoffensive, Bonuszahlungen an Eltern für abgeschlossene Impfserien bei Kindern, Durchführung von Impfungen in Apotheken, Forcierung der Schulimpfungen sowie rascher Ausbau des elektronischen Impfpasses samt Erweiterung um eine Erinnerungsfunktion.
Die Durchführung von Impfungen in Apotheken stellt auch eine langjährige Forderung der NEOS dar. Im nunmehrigen achten Anlauf schlagen sie vor, dass vor allem Standardimpfungen wie z.B. gegen FSME oder Influenza künftig auch von Apotheker:innen verabreicht werden sollen ( 669/A(E)). Mittlerweile seien über 2.000 Apotheker:innen darin ausgebildet, zeigte Fiona Fiedler (NEOS) auf. Sie habe sich schon gefreut, dass es Bewegung in der Sache gebe, nachdem Minister Rauch vor dem Sommer Unterstützung für das Anliegen signalisiert habe, aber offensichtlich hätten sich Klientelinteressen wieder durchgesetzt. Auch Gerhard Kaniak (FPÖ) verwies auf zahlreiche europäische Länder, wo Impfen in der Apotheke erlaubt sei. Allein in Bayern wurden im letzten Jahr 600.000 Personen in den Apotheken gegen Grippe geimpft. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) sue |