Nationalrat beschließt kleine Sozialversicherungsnovelle

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Parlamentskorrespondenz Nr. 1116 vom 12.10.2022

Themenfelder:
Gesundheit/​Soziales
Format:
Plenarsitzungen des Nationalrats
Stichworte:
Nationalrat/​Sozialversicherung/​COVID-19/​Rauch

Nationalrat beschließt kleine Sozialversicherungsnovelle
Mehrheit auch für Abgeltung für COVID-19-Tests für Risikopersonen in Ordinationen

Wien (PK) – Neben den großen Paketen im Bereich Soziales wie der Pensionserhöhung und der Valorisierung von Sozial- und Familienleistungen hat der Nationalrat heute auch eine kleinere Sozialversicherungsnovelle beschlossen. Sie enthält Änderungen zugunsten der Bezieher:innen von kleinen und mittleren Pensionen in Bezug auf den Teuerungsausgleich sowie Lockerungen für Vertreter:innen von Sozialversicherungen.

Ebenfalls beschlossen haben die Abgeordneten eine Abgeltung von Corona-Tests für Ärzt:innen im niedergelassenen Bereich. Durch die Abschaffung der COVID-19-Impfpflicht obsolet gewordene Honorarbestimmungen in diversen Sozialversicherungsgesetzen werden gestrichen.

Keine Mehrheit konnte die FPÖ für drei Anträge zum Thema COVID-19 finden. Gefordert werden darin bundesweit kostenlose Antikörpertests, Entschädigungszahlungen an Personen, denen die Corona-Maßnahmen finanziell und psychisch geschadet haben, und die Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes.

Kleine Sozialversicherungsnovelle beschlossen

Der Nationalrat hat eine von ÖVP und Grünen beantragte kleinere Sozialversicherungsnovelle beschlossen. Sie soll zum einen bezwecken, dass der im Juli auf den Weg gebrachte Teuerungsausgleich für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen von bis zu 500 € nicht auf die Sozialhilfe angerechnet wird und somit etwa eine allfällige Wohnbeihilfe nicht schmälert. Zum anderen wird die im Zuge der Sozialversicherungsreform eingeführte Pflicht für Versicherungsvertreter:innen, vor ihrer Entsendung in einen Verwaltungskörper eine Informationsveranstaltung des Dachverbands zu besuchen, adaptiert. Künftig reicht es demnach aus, wenn der Nachweis innerhalb von zwölf Monaten nach der Entsendung erbracht wird. Verwaltungskörper sollen damit nach dem Ausscheiden eines Mitglieds rasch wieder vollzählig besetzt werden können.

Auf Verlangen von FPÖ-Abgeordneter Dagmar Belakowitsch wurde über die beiden Bestimmungen in Zweiter Lesung getrennt abgestimmt. Die Änderung für Versicherungsvertreter:innen wurde mehrheitlich angenommen. Für die Nicht-Anrechnung des Teuerungsausgleichs auf die Sozialhilfe gab es die Stimmeneinhelligkeit. In Dritter Lesung wurde die Novelle schließlich mehrheitlich beschlossen.

Markus Koza (Grüne) legte dar, dass die Änderung notwendig sei, weil in manchen Bundesländern das Sozialhilfegrundsatzgesetz noch nicht umgesetzt worden sei und es deshalb passiert sei, dass Einmalzahlungen auf andere Leistungen angerechnet wurden. Das sei nicht Sinn der Sache gewesen. Ernst Gödl (ÖVP) unterstrich, dass man sicherstellen wolle, dass Einmalzahlungen wie der Teuerungsausgleich zu 100% bei jenen Menschen ankommen, die sie benötigen. Aus seiner Sicht trägt auch das aktuelle Budget eine klare soziale Handschrift.

Wolfgang Zanger (FPÖ) sah das anders und unterstellte der Regierung, nicht zu wissen, wie es der Bevölkerung derzeit gehe. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) fand die Bestimmung zur Nicht-Anrechnung von Sonderzahlungen auf Sozialleistungen wie die Wohnbeihilfe sinnvoll. Die Koalition habe jedoch eine zweite Regelung im Antrag „mit verpackt“, weshalb sie eine getrennte Abstimmung verlangte. Versicherungsvertreter:innen könnten sich aus ihrer Sicht rechtzeitig vorbereiten und ausbilden lassen. Dass der Nachweis über eine absolvierte Informationsveranstaltung künftig erst nach einem Jahr erbracht werden muss, bezeichnete Belakowitsch als Armutszeugnis.

Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) nutzte die Debatte, um erneut Kritik an der 2018 unter der schwarz-blauen Bundesregierung beschlossenen Zusammenlegung der Sozialversicherungen zu üben. Die Versprechungen von Einsparungen im Wert von 1 Mrd. € seien nicht erfüllt worden. Im Gegenteil sei es zu Mehrausgaben gekommen, während gleichzeitig die Leistungen für Patient:innen nicht verbessert worden seien.

Weitere sozialversicherungsrechtliche Änderungen in Bezug auf COVID-19

Zwei weitere Sozialversicherungsnovellen, die der Nationalrat mehrheitlich beschlossen hat, stehen in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Ärzt:innen im niedergelassenen Bereich erhalten damit bis Ende des Jahres auch für Beratungen über den Einsatz von Medikamenten gegen COVID-19 sowie für die Durchführung von Antigen-Tests bei Risikopatient:innen, die am gleichen Tag einen Behandlungstermin in der Ordination haben, ein Honorar in der Höhe von 12 bzw. 25 €.

Mit der zweiten Änderung werden – analog zum ASVG -Honorarbestimmungen aus dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz und dem Beamten‑Kranken- und Unfallversicherungsgesetz gestrichen, die durch die Abschaffung der Impfpflicht obsolet geworden sind. Das betrifft etwa die Ausstellung von Bestätigungen für Schwangere über das Vorliegen eines Ausnahmegrundes von der COVID-19-Impfpflicht. Für die Ausstellung von COVID-19-Risikoattesten wird der Bund die Kosten weiterhin bis Ende 2022 tragen.

Keine Mehrheit konnten die Freiheitlichen für ihre Anträge im Zusammenhang mit COVID-19 finden. Sie sprechen sich darin erneut dafür aus, dass das COVID-19-Maßnahmengesetz außer Kraft treten soll. Mit einem weiteren Antrag fordert die FPÖ Entschädigungszahlungen für Personen, die durch gesetzwidrige Corona-Maßnahmen zu Schaden gekommen sind. Auch die Forderung nach bundesweiten, freiwilligen und kostenlosen Antikörpertests brachten die Freiheitlichen erneut aufs Tapet. Diese würden aus ihrer Sicht zur Schaffung einer umfassenden Datenlage zu COVID-19 beitragen.

Debatte über Corona-Krisenmanagement

Philip Kucher (SPÖ) kritisierte in der Debatte erneut das Krisenmanagement der Regierung in Bezug auf COVID-19. Aus seiner Sicht habe man den dritten Sommer hintereinander verschlafen. Es gelte, nicht dauernd dieselben Fehler zu machen. Schließlich hätten die Menschen angesichts der Teuerung andere Sorgen. Auch Fiona Fiedler (NEOS) übte Kritik. Es werde Geld für Zwischenlösungen ausgegeben, statt nachhaltige Reformen anzugehen. Für Fiedler lassen sich die hohen Ausgaben für Coronatests nicht rechtfertigen. Es brauche eine Rückkehr zur Normalität und endlich eine ordentliche Pflegereform.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) warf der Regierung vor, ein „Zwangsregime“ mit Maskenpflicht, Massentests und Impfpflicht eingeführt zu haben. Man habe die Bevölkerung permanent unter Druck gesetzt. Nun müsse damit Schluss sein, unterstrich Belakowitsch die FPÖ-Forderung nach Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes. Wie Belakowitsch sah auch Susanne Fürst (FPÖ) unverhältnismäßige Eingriffe in das Privat- und Wirtschaftsleben der Menschen. Für Gerhard Kaniak (FPÖ) haben insbesondere die jüngsten Äußerungen der Koalition zur Maskenpflicht keine gute Optik ergeben. Kaum sei die Bundespräsidentschaftswahl geschlagen gewesen, habe die Grünen-Klubobfrau eine Maskenpflicht angekündigt. Aus seiner Sicht haben die Prognosemodelle der Regierung eine gravierende Schwachstelle, weil nicht bekannt sei, wie viele Menschen gegen das Coronavirus immunisiert seien. Kaniak sprach sich daher erneut für flächendeckende Antikörpertestungen aus. Gerald Hauser (FPÖ) kritisierte ein weiteres Mal den Zugang der Bundesregierung zu COVID-19-Impfungen, insbesondere mit Blick auf das dafür vorgesehene Budget.

Laurenz Pöttiner (ÖVP) betonte, dass eine Aufhebung des COVID-19-Maßnahmengesetzes zum jetzigen Zeitpunkt bei steigenden Fallzahlen riskant und grob fahrlässig wäre. Auch den FPÖ-Anträgen zu Entschädigungszahlungen und Antikörpertests konnte er nichts abgewinnen. Für die Geltendmachung von etwaigen Ansprüchen stünde bereits jetzt der Rechtsweg offen. Antikörpertests seien nicht sinnvoll, weil es nach wie vor keinen Schwellenwert für ausreichende Antikörper gebe. Der Koalitionsantrag hingegen diene der Patient:innenzufriedenheit und einer fairen Abgeltung von Leistungen der niedergelassenen Ärzt:innen, zeigte sich Pöttinger überzeugt. Insgesamt treffe man zahlreiche Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie, um die Bevölkerung bestmöglich zu schützen.

Auch Ralph Schallmeiner (Grüne) sah das aktuelle Corona-Management positiv. Es gebe einen Virusvariantenmanagementplan mit vier Szenarien, der von Wissenschafter:innen erarbeitet wurde. Auch die laufende Evaluierung, das Testsystem und das Datenregister strich er als positiv heraus. Die Pandemie habe sich verändert, sie sei aber noch nicht vorbei. Wenn notwendig, werde es daher weitere Maßnahmen geben, über die jedoch in Ruhe nach Maßgabe des Variantenmanagementplans entschieden werde.

Gesundheitsminister Johannes Rauch betonte ebenfalls, dass der Plan umgesetzt werde. Eine Prüfung über eine etwaige Maskenpflicht laufe derzeit. Rauch stellte zudem klar, dass die mit der Gesetzesänderung ermöglichten Antigentests von symptomlosen Risikopatient:innen durch niedergelassene Ärzt:innen freiwillig sind. Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ) hatte zuvor die Vermutung geäußert, dass es damit zu einem Testzwang komme und die Patient:innen deshalb Besuche bei Ärzt:innen meiden würden.

Der Gesundheitsminister ging auch auf die generelle Situation im Gesundheitssystem ein. Reformen seien notwendig, es brauche dafür bekanntlich aber die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Sozialversicherung. (Fortsetzung Nationalrat) kar

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

Quelle: https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2022/PK1116/index.shtml , Stand 13.10.2022, 11:46 Uhr

Info der Gewerkschaft GPA: Schutzimpfung gegen Covid-19 und Arbeitsrecht

ArbeitgeberInnen können und sollen Aufklärungsarbeit leisten, aber keinen Druck ausüben
Die Corona-Pandemie bestimmt unser Leben nun schon seit März 2020. Eine baldige Rückkehr in die Normalität wird nur erreichbar sein, wenn wir eine möglichst hohe Durchimpfungsrate erlangen. Deshalb ist es aus Sicht der Gewerkschaft GPA zu begrüßen, dass viele ArbeitgeberInnen ihre MitarbeiterInnen zur Impfung ermutigen und diese auch tatkräftig unterstützen, sei es durch das Zurverfügungstellen von Informationen, das Angebot einer betrieblichen Impfung oder das Impfen in der Arbeitszeit.

Leider machen wir aber auch die Erfahrung, dass manche ArbeitgeberInnen auf jene MitarbeiterInnen, die sich (noch) nicht impfen lassen möchten, unverhältnismäßig großen Druck ausüben und dadurch zu einer Gruppenbildung in der Belegschaft beitragen, in der eine Gruppe gegen die andere ausgespielt wird. Dem Betriebsklima ist eine solche Spaltung zweifellos abträglich. Anstatt das Thema sachlich zu behandeln, wird es emotionalisiert. Im Grunde hilft das niemandem.

Jede/r hat seine/ihre Meinung zur COVID-19-Schutzimpfung, was zu akzeptieren ist. Die Entscheidung, sich impfen zu lassen, ist eine höchstpersönliche. Auch ArbeitnehmerInnen muss zugestanden werden, sich zu informieren, das Für und Wider abzuwägen und frei zu entscheiden.

ArbeitgeberInnen können und sollen Aufklärungsarbeit leisten,
aber keinen Druck ausüben!

Auch medial ist die Frage „Impfpflicht“ im Arbeitsverhältnis ein sehr aktuelles Thema. Bisher überwiegen die Rechtsmeinungen der ArbeitgebervertreterInnen, die allerdings häufig sehr allgemein gehalten sind und den Interessen der ArbeitgeberInnen, ohne dies schlüssig zu begründen, jedenfalls Vorrang einräumen.
Diese medial verbreiteten Rechtsansichten können seitens der GPA nicht unbeantwortet bleiben. Es geht nicht darum, zu emotionalisieren oder wertend tätig zu werden, sondern um die Beantwortung arbeitsrechtlicher Fragen. 

Wann ArbeitnehmerInnen dazu verpflichtet sind, ihren Impfstatus offenzulegen, kann nämlich ebenso wenig allgemein beantwortet werden wie die Frage, ob eine Kündigung wegen Impfverweigerung gerechtfertigt ist. Zur Beantwortung dieser Fragen sind stets die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und die berechtigten Interessen beider Seiten, der ArbeitgeberInnen und der ArbeitnehmerInnen, abzuwägen.

Diese FAQ sollen helfen, die Komplexität des Themas besser zu verstehen.

Gibt es für bestimmte Berufsgruppen eine Impfpflicht?
Derzeit nicht.

Eine Impfpflicht würde einen Eingriff in verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte bedeuten: konkret in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, das auch den Schutz der körperlichen Unversehrtheit umfasst.

Dennoch hätte der Gesetzgeber unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, für bestimmte Berufsgruppen eine Impfpflicht zu verfügen, nämlich dann, wenn dies zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig wäre. In diesem Zusammenhang wesentlich ist die Frage, ob eine Schutzimpfung gegen COVID-19 lediglich dem Selbstschutz oder auch dem Schutz anderer dient. Der Selbstschutz des/der Einzelnen ist Privatsache; dient die Impfung hingegen auch dem Schutz anderer, könnte der Gesetzgeber eine Impfpflicht begründen.
Bisher hat er, wie bereits gesagt, keinen Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht. Aus rechtlicher Sicht gibt es daher bislang keine Berufsgruppe, die ihre Tätigkeit nur geimpft ausüben kann und darf.

Kann der/die ArbeitergeberIn eine Impfung anordnen?
Nein. Das bedeutet allerdings nicht, dass es für ungeimpfte ArbeitnehmerInnen unter gewissen Umständen nicht zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen kommen könnte.

Kann eine Impfung mit Betriebsvereinbarung angeordnet werden?
Nein. Dafür gibt es keinen gesetzlichen Tatbestand.

Was bedeutet „Fürsorgepflicht“?
Die Fürsorgepflicht des/der Arbeitgeber(s)In dient sowohl dazu, den Einzelnen wie auch die Gesamtheit der Arbeitnehmerschaft vor gesundheitlichen Schäden zu schützen.

Viele ArbeitgeberInnen verlangen von ihren MitarbeiterInnen Auskunft, ob sie geimpft sind und berufen sich dabei auf die Fürsorgepflicht. Die „Fürsorgepflicht“ verlangt von ArbeitgeberInnen aber auch, die Grund- und Persönlichkeitsrechte der ArbeitnehmerInnen im Arbeitsverhältnis zu wahren. Auf diesen Aspekt der „Fürsorgepflicht“ wird in der medialen Berichterstattung kaum Bezug genommen.

ArbeitgeberInnen können im Rahmen ihres „Hausrechtes“ von Dritten, zB KundInnen, die Einhaltung bestimmter Schutzmaßnahmen verlangen, die über die in der jeweiligen Verordnung geregelten Schutzmaßnahmen hinausgehen. Was die ArbeitnehmerInnen betrifft, ist das allerdings nicht ohne weiteres möglich. Hier ist, wie bereits gesagt, auch auf Grund- und Persönlichkeitsrechte Bedacht zu nehmen.

Im Arbeitsverhältnis wird die „Fürsorgepflicht“ iZm COVID-19 durch einschlägige Gesetze und Verordnungen definiert. Der/die ArbeitgeberIn hat bestimmte Auflagen zu erfüllen und ein entsprechendes Weisungsrecht. Gesetze und Verordnungen begrenzen die „Fürsorgepflicht“ allerdings auch. ArbeitgeberInnen dürfen nicht mehr verlangen, als vorgeschrieben wurde. Besteht beispielsweise eine Testpflicht für ArbeitnehmerInnen, der alle 7 Tage nachgekommen werden muss, darf der/die ArbeitgeberIn nicht 2 oder 3 Tests pro Woche verlangen. Das ist für die Berufsausübung nämlich schlichtweg nicht erforderlich.

Was ist ein 3-G-Nachweis?
Bestimmte Berufsgruppen sind verpflichtet, einen 3-G-Nachweis zu erbringen, ehe sie den Arbeitsort betreten dürfen („Testpflicht“).
3-G steht vereinfacht gesagt für getestet, genesen oder geimpft. Getestete, genesene und geimpfte Personen sind innerhalb bestimmter Zeiträume gleichgestellt, das bedeutet, dass im Falle einer Testpflicht auch ein Impf- oder Genesungsnachweis genügt. Auch ein Nachweis über vorhandene Antikörper ersetzt den Test.

Müssen ArbeitnehmerInnen ihrer/ihrem Arbeitgeberin Auskunft über ihren Impfstatus erteilen?
Der Impfstatus ist ein Gesundheitsdatum, an dessen Geheimhaltung ArbeitnehmerInnen ein Interesse haben. Gesundheitsdaten sind besonders geschützt (Datenschutz!).

Grundsätzlich gilt, dass ArbeitnehmerInnen dem/der ArbeitgeberIn keine Auskunft über Gesundheitsdaten erteilen müssen. Da die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen iZm COVID-19 nicht geändert wurden, ist davon auch weiterhin auszugehen. Bei bestimmten Berufsgruppen muss man allerdings abwägen. Bestünde eine gesetzliche Verpflichtung, sich impfen zu lassen, bestünde selbstverständlich auch eine diesbezügliche Auskunftspflicht.

Unterliegen bereits geimpfte ArbeitnehmerInnen einer Testpflicht, müssen sie, wenn sie nicht regelmäßig testen gehen wollen, den Impfstatus nachweisen (3-G). Der/die ArbeitgeberIn darf allerdings weder Kopien des Nachweises anfertigen noch die Information speichern und verarbeiten. Das ist in EpidemieG und COVID 19-MaßnahmenG klar geregelt. Der Nachweis ist von dem/der ArbeitnehmerIn lediglich bereitzuhalten und vorzuweisen.

Auch wenn eine konkrete Gefahr für die körperliche Unversehrtheit anderer (vulnerabler) Personen besteht, wird eine Interessenabwägung hinsichtlich Auskunftspflicht wohl zu Lasten der ArbeitnehmerInnen ausfallen. Da es sich bei COVID-19 um eine meldepflichtige Infektionskrankheit handelt, wird hinsichtlich Angehöriger medizinischer Berufe, bei denen zB die Gefahr eines Austauschs von Körperflüssigkeiten besteht, das Überwiegen des Informationsinteresses des/der ArbeitgeberIn schon des längeren vertreten. Gesundheits-/Pflegepersonal mit direktem Kontakt zu PatientInnen/HeimbewohnerInnen wird im Regelfall auskunftspflichtig sein.

Auch in diesen Fällen wird es aber darauf ankommen, ob die Impfung überhaupt vor der Übertragung des Virus auf andere schützt, was derzeit wissenschaftlich noch nicht belegt ist. Das gilt sinngemäß auch für Bewerbungsgespräche!

Darf der/die ArbeitgeberIn im Unternehmen offenlegen, welche ArbeitnehmerInnen geimpft sind und welche nicht?
Nein. Das wäre ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht. Deshalb ist auch Vorsicht geboten, wenn das Angebot einer betrieblichen Impfung unterbreitet und nach Interessenten gefragt wird. Es dürfen z. B. keine Listen durchgegeben werden, auf denen Impfwillige sich eintragen können.

Hier muss eine Interessenbekundung bzw. Anmeldung möglich gemacht werden, die dem/der Einzelnen Vertraulichkeit zusichert.

Welche Schutzmaßnahmen zur Erfüllung der „Fürsorgepflicht“ stehen dem/der ArbeitgeberIn offen?
Der Eingriff in die Grund- und Persönlichkeitsrechte der ArbeitnehmerInnen muss stets durch das gelindeste verfügbare Mittel erfolgen. ArbeitgeberInnen müssen daher zunächst alle Vorgaben der jeweils gültigen Verordnung einhalten und räumliche sowie technische Schutzmaßnahmen treffen.

Im nächsten Schritt müssen sich ArbeitnehmerInnen, wo das vorgeschrieben ist, testen lassen oder einen sonstigen 3-G-Nachweis erbringen. Eine Impfung seiner/ihrer ArbeitnehmerInnen kann der/die ArbeitgeberIn nicht erzwingen.

Darf der/die ArbeitgeberIn nicht geimpfte Personen versetzen?
Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Versetzung an einen weniger gefahrengeneigten Arbeitsplatz im Rahmen des Arbeitsvertrages erfolgt oder nicht. Tätigkeiten, die nicht in den arbeitsvertraglich bestimmten Aufgabenbereich der ArbeitnehmerInnen fallen, darf der/die ArbeitgeberIn nicht verlangen.

Außerdem ist stets auf die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates zu achten; liegt z. B. eine dauernde und verschlechternde Versetzung vor, bedarf diese auch der Zustimmung des Betriebsrates. Einen besonderen Corona-Versetzungstatbestand gibt es nicht. Nähere Auskünfte erhältst du in deiner GPA-Landesgeschäftsstelle.

Darf der/die ArbeitgeberIn nicht geimpfte Personen kündigen?
Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden, die Umstände des Einzelfalles sind zu prüfen.

Grundsätzlich besteht keine gesetzliche Impfpflicht, weswegen ArbeitnehmerInnen, die sich nicht impfen lassen wollen, auch nicht rechtswidrig handeln. Sie dürfen ihre Tätigkeit mangels Impfpflicht auch ungeimpft verrichten.
Die bloße Sorge, dass sie erkranken und länger arbeitsunfähig sein oder KollegInnen und KundInnen anstecken könnten, wird als Kündigungsgrund nicht ausreichen. Wie bereits gesagt können sowohl KollegInnen als auch KundInnen sich selbst durch Impfung schützen. Nicht geimpfte Personen können durch regelmäßige Tests, Maske und andere Schutzmaßnahmen vorkehren. Sie sind gesund, arbeitsbereit und können ihre Tätigkeit weiterhin verrichten.

Gäbe es für bestimmte Berufsgruppen eine gesetzliche Impfpflicht, wäre die Weigerung, sich impfen zu lassen, selbstverständlich ein Kündigungsgrund, weil der/die nicht geimpfte ArbeitnehmerIn seiner/ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen könnte.

In allen anderen Fällen wird zu prüfen sein, welche Tätigkeit der/die Betroffene verrichtet und mit welchen Personengruppen er/sie in Kontakt kommt. Auch hier gilt, dass der/die ArbeitgeberIn sämtliche gelinderen Schutzmaßnahmen ausgeschöpft haben muss.

Grundsätzlich können Kündigungen ohne Begründung ausgesprochen werden. Im Regelfall besteht allerdings die Möglichkeit, eine Kündigung vor Gericht anzufechten. In diesem Fall muss der/die ArbeitgeberIn die Kündigungsgründe angeben. Aufgabe des Gerichtes ist es dann, eine Abwägung der Interessen vorzunehmen. Nähere Auskünfte erhältst du in deiner GPA-Landesgeschäftsstelle.

Darf der/die ArbeitgeberIn nicht geimpfte Personen entlassen?
Im Regelfall nicht. Der/die ArbeitnehmerIn setzt keinen Entlassungsgrund, sondern macht von dem Grundrecht Gebrauch, sich nicht impfen zu lassen. Nähere Auskünfte erhältst du in deiner GPA-Landesgeschäftsstelle.

Müssen sich impfwillige ArbeitnehmerInnen in der betrieblichen Impfstraße impfen lassen?

Natürlich nicht. Unternehmen, die betriebliche Impfungen ermöglichen, machen der Belegschaft ein Angebot, dessen Annahme freiwillig erfolgt. Wer will, kann sich auch anderweitig impfen lassen.
Ist die Teilnahme an einer Impfung eine Dienstverhinderung mit Entgelt-fortzahlungsanspruch?
Es ist davon auszugehen, dass die Impfzeiten gar nicht oder nur sehr eingeschränkt selbst bestimmt werden können (Impf-Slots). Wenn und soweit der zugeteilte Impftermin in die Arbeitszeit fällt, ist der/die ArbeitnehmerIn für die Wegzeit und die Zeit der Impfung dienstverhindert. Das Entgelt muss daher auch für diese Zeit bezahlt werden.

Kann der Impftermin allerdings frei gewählt werden, liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Es ist also stets im Einzelfall zu prüfen. Nähere Auskünfte erhältst du in deiner GPA-Landesgeschäftsstelle.

Im Betrieb sollte eine Handhabung vereinbart werden – ArbeitgeberInnen, denen daran liegt, dass die Belegschaft sich impfen lässt, sollten die Impfung jedenfalls in der Arbeitszeit zulassen. Gerade bei betrieblichen Impfungen sollte die Impfung in der Arbeitszeit selbstverständlich sein.

Endet bei RisikopatientInnen ein etwaiger Freistellungsanspruch mit erfolgter Impfung?
Die Freistellungsmöglichkeit für RisikopatientInnen endet mit 30.6.2021. Derzeit beendet eine erfolgte Impfung die Freistellung nicht automatisch; zum einen ist die Durchimpfungsrate in der Bevölkerung noch nicht hoch genug, zum anderen muss der/die behandelnde ÄrztIn das Ansteckungsrisiko trotz Impfung beurteilen.

Besteht die Freistellungsmöglichkeit für schwangere Arbeitnehmerinnen mit physischem Körperkontakt zu anderen fort?
Dieser Freistellungsanspruch nach der 14. Schwangerschaftswoche wird bis 30.9.2021 verlängert. Er endet allerdings mit Erreichen der Vollimmunisierung (je nach Impfstoff verschieden).

Kann im Arbeitsvertrag vereinbart werden, dass der/die ArbeitnehmerIn sich zum Schutz vor COVID-19 impfen lässt bzw. auf Anordnung des/der Arbeitgeber(s)In Auffrischungsimpfungen vornimmt?
Geht man davon aus, dass Vertragsparteien – erwachsene und mündige Menschen – solche Regelungen treffen können, lautet die Antwort ja.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob im Arbeitsverhältnis, in dem bekanntlich ein wirtschaftliches Ungleichgewicht herrscht, ein/e BewerberIn bzw. ArbeitnehmerIn eine solche Einwilligung überhaupt freiwillig geben kann oder ob sie nicht vielmehr unter dem Druck, den Arbeitsplatz zu bekommen bzw zu behalten, abgegeben wird.
Solche Vertragsklauseln müssen im Einzelfall jedenfalls genau geprüft werden.
(Information der Gewerkschaft GPA)