Schwere Vorwürfe gegen UKH-Primar

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Schwere Vorwürfe gegen UKH-Primar

Wegen schwerwiegender Vorwürfe von Chirurgen dürfte sich das Salzburger Unfallkrankenhaus vom Primar seiner Unfallchirurgie trennen. Das bestätigen Gewerkschafter und indirekt die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt als Spitalsträgerin. Es gehe z. B. um Schreiduelle im Operationssaal und die Bevorzugung von „Klasse-Patienten“, heißt es. Als Folge verließen sieben Chirurgen das Haus.

Diese Lage nennt Jörg Hutter, Standesvertreter der Spitalsärzte in der Salzburger Ärztekammer, wörtlich „dramatisch und drastisch“. Seiner Meinung nach hätten Krankenausleitung und Spitalsträger AUVA längst Konsequenzen ziehen müssen, wenn ein Viertel aller Unfallchirurgen das Spital verlasse.

Chirurgen äußern sich vor ORF-Kamera
Es ist ungewöhnlich, dass Ärzte an die Öffentlichkeit gehen, wenn es einen Kollegen betrifft. Doch diese Chirurgen halten das Erlebte im Unfallkrankenhaus für so einschneidend, dass sie sich bei ORF-Recherchen auch vor der Kamera dazu äußern wollten. Fünf haben im UKH gekündigt, einer ist mittlerweile pensioniert.

Die Fachleute äußern Enttäuschung, Frustration und Wut über die Führung der Unfallchirurgie. Sie erheben massive Vorwürfe gegen deren Primarius Arnold Suda. Dieser übernahm im Frühling 2020 die Leitung der Abteilung. Neben seinem Hauptberuf ist er auch ehrenamtlicher Milizsoldat und als Majorarzt beim Sanitätszentrum West des Bundesheeres in Innsbruck tätig. Er absolvierte auch zahlreiche Auslandseinsätze in Krisengebieten, bei denen er Unfall- und Kriegsopfer operierte.

Massive Kritik an Führungsstil
Der Salzburger Unfallchirurg Frank Fürntrath sagt, es habe eine generelle Verschlechterung der Stimmung gegeben: „Man hat nicht gewusst, wie man bei manchen Verletzten den Betrieb adäquat abwickeln kann. Es war bei Dienstbeginn nicht klar, ob ein Neurochirurg verfügbar sein wird an manchen Tagen. Ob die Behandlung von schweren Bauchverletzungen abgedeckt ist – zum Beispiel. Diese organisatorischen Dinge haben sich schon länger durch Pensionierungen abgezeichnet.“

Fürntraths Kollege Josef Schauer betont, es habe einen untragbaren Führungsstil gegeben: „Der geschah aus meiner Sicht auf militärischer Basis. Damit kann ich als ein fachlich kompetenter und viele Jahre dienender Oberarzt nicht leben. Das habe ich nicht mehr ausgehalten.“

Der Unfallchirurg Bernd Hiller erzählt, dass er Patienten nach einer Operation nicht mehr persönlich habe betreuen dürfen: „Wenn man jemanden weiter selbst behandeln wollte in der Ambulanz, dann wurde das vorgegeben, dass man das nicht mehr machen soll.“

„Klasse-Patienten“ bevorzugt?
Der Facharzt Philipp Schultes hatte am vergangenen Sonntag seinen letzten Arbeitstag im Salzburger UHK. Auch er verlässt das Spital, weil er die Entscheidungen seines Vorgesetzten nicht mehr mittragen könne und wolle: „Es wird die Versorgungspriorität der Patienten nicht mehr aufgrund der medizinischen Dringlichkeit gestellt, sondern aufgrund der Einschätzungen unseres Primars.“

Konkret heiße das, dass Patienten nach hinten gereiht würden, die aber eine dringliche Versorgung bräuchten: „Weil der Primar andere Operationen vorzieht.“ Schultes ergänzt, es gehe dabei um zusatzversicherte Patienten, so genannte „Klasse-Patienten“.

Primar soll Forschungsprogramm verboten haben
Im Unfallkrankenhaus gab es noch bis 2020 ein Behandlungs- und Forschungsprogramm, um mit einer speziellen Schmerztherapie verschiedene Operationen vermeiden zu können. Der Wissenschafter und Chirurg Egbert Ritter sagt, das Team habe Physiotherapeuten dazu ausgebildet: „Mit dem neuen Chef ist das dann alles zu Fall gekommen. Er hat die Forschung verboten, und andererseits hat er uns verboten, nach dieser Therapieform zu behandeln.“

Ärzte konsultierten Spitalsleitung
Etliche Gespräche mit dem Ärztlichen Leiter des UKH und mit dem kritisierten Primarius sowie dem Geschäftsführer hätten nichts gebracht, sagen die Mediziner. Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) ist Trägerin des Krankenhauses. Nach Auskunft der Ärzte sei man dort über die schwierige Situation in Salzburg informiert. Einer deponierte bei seiner Kündigung die Gründe sogar schriftlich. Dem Vernehmen nach habe es nie eine Antwort gegeben.

Sein Kollege Udo Berger sagt dazu, der Ärztliche Leiter des Spitals und die Direktion hätten reagieren müssen: „Man hatte zwei Jahre Zeit, um sich das anzusehen. Und jeder, der im System war, der hat gewusst, dass es langfristig nicht wirklich gut funktionieren wird.“

Stellungnahme der AUVA als Spitalsbetreiberin
Eine Stellungnahme der AUVA zu den Vorwürfen und möglichen Konsequenzen hat der ORF am Freitag via E-Mail erhalten: „Wir halten ausdrücklich fest, dass es keine uns bekannten straf- oder dienstrechtlich relevanten Vorwürfe gegen unseren Mitarbeiter gibt. Da hier aber offensichtlich kulturell nicht zu überwindende Gräben entstanden sind, hat sich die Spitalsleitung, die zuständige Landesstelle Salzburg sowie die Belegschaftsvertretung auf eine Lösung der Situation geeinigt.“

Primarius im Krankenstand
Welche Art der Trennung bei der von der AUVA genannten Lösung angestrebt wird, das ist nicht bekannt. Primar Arnold Suda befindet sich laut AUVA im Krankenstand. Er und der Ärztliche Direktor waren zu keiner Stellungnahme bereit bzw. nicht erreichbar. Von der AUVA heißt es, man werde zu dieser Situation keine weiteren Kommentare abgeben. Man versuche, sie im besten Sinne aller zu lösen.

Quelle: https://salzburg.orf.at/stories/3253796/ vom 19.04.2024 um 19:00 Uhr